Frauen in der Führungsrolle – Eine vakante Position?

Noch immer bekleiden deutlich weniger Frauen Führungspositionen als Männer. Und obwohl es in Österreich einen langfristigen Trend zu mehr weiblichen Führungskräften gibt und das Land derzeit mehrheitlich von Frauen regiert wird, macht das Corona-Jahr deutlich, dass noch immer viele Frauen beruflich schlechter gestellt sind als die männlichen Kollegen. Abseits der Managementebene macht sich dieser Umstand insbesondere in den hohen Arbeitslosenzahlen unter Frauen seit Beginn der Krise bemerkbar. Warum? Weil es noch immer die Frauen sind, die sich um Haus und Kinder kümmern.

Doppelbelastung im Home Office

Zu diesem Thema diskutierten Ende November vier Frauen in Führungspositionen auf einem Webinar der Plattform karriere.at mit dem Titel „Frauen in der Führungsrolle – Eine vakante Position?“. DreiKreis war für Sie dabei.

Julia Fandler, Geschäftsführerin der steirischen Ölmühle Fandler, Tanja Buratti, Store Managerin bei IKEA Wien Nord, Nina Kaiser, Co-Founderin und Geschäftsführerin des 4Gamechangers Festival und Sibylle Nowak, CFO von karriere.at und Moderatorin Lisa-Marie Linhart, Content Manager bei karriere.at nahmen wie auch die meisten Zuhörer*innen aus dem Home Office teil.

Das Arbeiten von Zuhause, zwar bereits bekannt aus dem Frühjahr, stelle viele Arbeitnehmerinnen, so der einhellige Tenor, vor erhebliche Herausforderungen. Gerade für Frauen sei die Doppelbelastung durch Beruf und Familie, in der sie häufig den Großteil der Aufgaben übernehmen würden, besonders hart.

In einer von Moderatorin Linhart geschalteten Blitzumfrage unter den Teilnehmer*innen des Webinars, stimmten 97 % zu, dass Frauen stärker als Männer mit der zusätzlichen Familienorganisation eingespannt seien.

97 % glauben, dass Frauen stärker belastet sind als Männer!

Es seien vor allem Frauen, so auch das Podium, die mehr von der Basisarbeit Zuhause trügen, Familie und Partnerschaft, sowie den Haushalt und die Kommunikation mit der sozialen Infrastruktur, wie Kindergarten, Schule, anderen Eltern organisierten.

Dies, vermutete Geschäftsführerin Fandler, könne an dem evolutionsbedingt anderen Denken von Frauen liegen, die allgemein eine größere organisatorische Begabung mitbrächten. Eine ausgewogene Aufgabenverteilung, so die Geschäftsführerin, sei hier nicht unbedingt nötig.

Gezielt um Unterstützung bitten

Wichtig sei es jedoch, und dies wurde vom Podium bestätigt, dass Frauen lernten, um Unterstützung zu bitten, konkret auszusprechen, was gebraucht werde und Hilfe anzunehmen. Ein Tipp kam von CFO Nowak: „Die Erfahrung Zuhause hat mich gelehrt, dass es hilft, meinen eigenen konkreten Plan beiseite zu legen, Dinge einfach passieren zu lassen. Dann funktioniert es auch.“

Eine perfekte Organisation und Positionierung braucht es auch, um die Balance Home Office und Home Schooling zu schaffen. (c) DreiKreis

Die Erfahrung mit der Doppelbelastung kennt auch DreiKreis Geschäftsführerin Johanna Kerber. Ursprünglich wollten wir zu zweit an dem Event teilnehmen, doch für die Mutter von zwei Kindern, war das am ersten Tag des Home Schoolings des neuerlichen Lockdowns schlicht nicht durchführbar.

„Obwohl mein Partner und ich uns die Aufgaben in der Familie gut organisieren und einigermaßen gleich verteilen, war es unmöglich, gleichzeitig zwei Kinder verschiedenen Alters beim Lernen angemessen zu unterstützen, Frühstück und Jause zuzubereiten, mich fertig zu machen und gedanklich auf eine Veranstaltung zu fokussieren,“ erzählt Kerber.

„In den nächsten Wochen werde ich die Kinder zumindest morgens in die Schule geben. So machen es auch die anderen Mütter bei uns im Unternehmen. Es ist so viel einfacher, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, wenn man ein paar Stunden am Stück ungestört sein kann,“ so die DreiKreis-Geschäftsführerin. Weiter sei es hilfreich zu versuchen, Termine so zu legen, dass man sie gut wahrnehmen könne.

Eine gute Struktur Zuhause sei Gold wert. Und Erwartungen könne man für einen befristeten Zeitraum auch mal runterschrauben, es müsse nicht immer ein mehrgängiges Menü zum Mittag sein. „Ich weiß genau, was ich am nächsten Tag meinen Kindern koche, selbst wenn es nur ein Schinken-Käse-Toast ist.

Unterstützung durch Unternehmen und Führungskräfte

Dabei, so die Podiumsdiskutant*innen, könnten Unternehmen und vor allem die Führungskräfte, ihre Mitarbeiterinnen in dieser Situation spürbar unterstützen. Besonders wesentlich sei gute Kommunikation, etwa tägliche Videobotschaften, regelmäßige Gespräche und ausführliche Informationen zu Hilfen im Unternehmen oder vom Staat.

„Ich hab schon am ersten Lockdown gemerkt, dass ich ein schlechteres Gespür für meine Mitarbeiterinnen hatte,“ erzählt Nowak. „Während ich im Büro auch die subtilen Veränderungen sehe, merke, wie es mein Mitarbeiterinnen geht, geht das auf die Distanz viel schlechter. Daher ist es besonders wichtig, eine offene Kommunikation zu pflegen, nachzufragen und vor allem zuzuhören!“

Gezielte Unterstützung, offene Kommunikation

Kaiser ergänzt hierzu: „Ganz wichtig ist jetzt eine Unternehmenskultur, wo Mitarbeiter*innen sich trauen, um Hilfe zu bitten. Dieses Umfeld, diese Sicherheit müssen wir als Führungskräfte bieten. Die Schwierigkeiten müssen ernst genommen werden und die Unternehmen müssen schauen, dass sie darauf mit größtmöglicher Flexibilität reagieren.“

Kommunikation ist auch bei DreiKreis wichtig und es wird von allen Seiten viel dafür getan. Wir telefonieren viel mehr als sonst, nutzen, wo es geht, Videotelefonie. Jeden Morgen gibt es mit dem operativen Team ein Stand-up Meeting. Trotzdem, so die Geschäftsführerin, muss es auch o. k. sein, wenn mal nicht alles glatt läuft, mal unerwartet ein Kind in eine Telefonkonferenz platzt.

Es gäbe, so Stimmen aus dem Podium, auch positive Seiten an der Corona-Krise. Hervorzuheben sei, dass auch Traditionalist*innen ins kalte Wasser der Digitalisierung geschubst worden seien. Dieses Jahr mache deutlich, dass neue Arbeitsmodelle, agile, flexible Zeiten und Arbeitsorte möglich und zukunftsweisend sein.

Selbstvertrauen, Träume, Frauennetzwerke

Krise hin oder her, das Event sollte auch dazu dienen, Frauen, die in Führungspositionen streben, wertvolle Tipps mit auf den Weg zu geben:

Beruflicher Erfolg und die eigenen Träume zu verwirklichen, erfordere Mut, Initiative, Selbstvertrauen, häufig auch ein dickes Fell. Rückschläge hinzunehmen, nicht aufzugeben, auch mal zu scheitern sei unumgänglich. Frauen müssten die Scheu vor Herausforderungen und Verantwortung ablegen. Ganz wichtig seien dabei sowohl Vorbilder als auch ein Netzwerk von ähnlich denkenden Frauen.

„Seid frech!“ rät CFO Nowak und Geschäftsführerin Fandler ergänzt: „Traut Euch weiblich zu sein, Emotionen zu haben und zu leben. Seid ihr selbst, versucht nicht, die Männer zu kopieren!“


Wir bedanken uns beim Team von karriere.at für dieses spannende Gespräch. Lesen Sie hier mehr von dem Event.
Bildrecht Titelbild: (c) karriere.at



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